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Donnerstag, 25. März 2010

Auf der Suche nach den entscheidenden Tick

Von: Christian

Irgendwann war dann doch Schluss. Nachdem Novak Djokovic 6 Matches in Folge über 3 Sätze gewann, musste er in Indian Wells gegen Ivan Ljubicic die Segel streichen und schied im Achtelfinale aus. Diese Serie zeigte deutlich unter welchen Schwankungen das Spiel von Djokovic in letzter Zeit leidet. Der Serbe kann geniales Tennis spielen und an einem guten Tag jeden Spieler bezwingen. Erwicht er jedoch ein schlechten Tag, häufen sich bei ihm Fehler, wodurch er auch gegen schwächere Gegner Probleme bekommt. Dies ist keine neue Erkenntnis der letzten Monaten, sonder schon länger eine Schwäche des Serben. Nur fällt sie im Moment sehr stark ins Auge, besonders aufgrund der eben angesprochenen Bilanz.

Wisst ihr was Djokovic und Del Potro gemeinsam haben? Beide sind die einzigen Grand Slam Sieger der letzten 5 Jahre, die nicht Federer oder Nadal heißen. Es war im Jahr 2008, als der Serbe damals bei den Australian Open den größten Erfolg seiner Karriere feierte. Schon im vorherigen Jahr setzte er ein erstes Ausrufezeichen, indem er sein erstes Grand Slam Finale erreichte bei den US Open. Er verlor hier jedoch trotz bester Chancen (Satzbälle) in 3 Sätzen gegen Roger Federer. Aber im nächsten Jahr gab es die Revanche, er schlug den Klassenprimus und zog ins Finale ein, das er gegen den Überraschungsfinalisten Joe Wilfried Tsonga in 4 Sätzen gewann. Mit 20 Jahren hatte Djokovic als der erste Serbe überhaupt einen Grand Slam Titel geholt. Diesem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere folgten in dieser Saison noch zwei weitere. In Peking gewann er die olympische Bronze Medaille, und in Shanghai sicherte er sich den Master Cup. Insgesamt war 2008 ein Jahr mit unglaublichen Erfolgen für den damals noch sehr jungen Djokovic, der seit Mitte 2007 auf Rang 3 notiert wurde.

Seit dieser Zeit ist Djokovic, der als sehr offener und auch lustiger Typ gilt, so parodiert er gerne bekannte Tennisspieler, zu einen der bekanntesten Sportler in seinem Heimatland geworden. 2007 wurde er zum beliebtesten Serben gewählt. Zusammen mit Ana Ivanovic und Jelena Jankovic gelang es ihm auch Tennis als Sport populärer in Serbien zu machen.

Bei solchen Erfolgen folgen auch schnell große Erwartungen für die Zukunft. Nach seinen Triumph in Melbourne gab es nicht wenige, die ihm zutrauten, die nächste Nummer 1 in der Tenniswelt zu werden. Es war endlich wieder ein Spieler da, der die Dominanz von Federer brechen konnte. Nadal gelang dies damals nur in Paris bei den French Open, bei den anderen Turnieren musste man bis ins Jahr 2005 zurückgehen, um einen Nicht-Federer Sieger zu finden (Safin - Australien Open 2005). Federer hielt damals die Serie mit 8 Grand Slam Finals in Folge, doch Djokovic gelang es diese Serie im Halbfinale der Australian Open 2008 mit einem beeindruckenden 3 Satzsieg zu brechen. Hat man dies als Hintergedanke, ist es kein Wunder, dass ihm eine große Zukunft vorausgesagt wurde. Er sollte der Mann werden, der die Dominanz Federers und Nadals brechen würde.

Was macht das Spiel des Serben so stark? Da könnte man vor allem sagen, dass er ein verdammt starker Grundlinienspieler ist, der von dort aus versucht das Spiel zu dominieren und seinen Gegnern mit seiner guten Vorhand und Rückhand zu bearbeiten, bis er die Gelegenheit zu Winner hat oder der Gegner zu einen Fehler gezwungen wird. Darüber hinaus verfügt der Serbe über eine gute Defensivarbeit, und ein gutes Returnspiel bei gegnerischen Aufschlägen. Das macht ihn zusammen zu einem sehr starken Spieler, der sowohl auf Hard Court, aber auch auf langsameren Sand hervorragend spielen kann.

Nach seinen grandiosen Erfolg in Melbourne folgte die Sandplatzsaison 2008. In dieser Zeit war der Abstand Djokovics auf Platz 2 und somit auf Nadal gering. Es schien als könnte er den Spanier überholen und damit in die Phalanx der beiden Topspieler eindringen. Aber es sollte anders kommen, und das lag bittererweise nicht an mangelnden Leistungen des Serben, sondern an einen Nadal, der eine fantastische Sandplatzsaison spielte. In Hamburg, bei den French Open und in Queens verlor er gegen ihn. Zweifelsohne eine bittere Erfahrung für den Serben, dessen Aufstieg von Nadal gnadenlos gestoppt wurde. Damit wurde es nicht das Jahr von Djokovic, sondern Nadal stürmte an den Platz der Sonne, nachdem er in Wimbledon in einem unglaublichen Match Roger Federer stürzte.



Die obige Statistik zeigt die Grand Slame Bilanz von Djokovic der letzten 3 Jahre. Hier kann man deutlich 2 Phasen ausmachen. Die eine geht von 2007 bis Mitte 2008, die Zeit des Aufstiegs des Serben. Bei keinem Grand Slam war er schlechter als Halbfinale, er steigerte sich vom US Open Finale zum Sieg in Melbourne. In Paris musste er sich 2008 einem bärenstarken Nadal geschlagen geben. Seitdem ist jedoch eine gewisse Stagnation zu sehen, diese mag auf hohen Niveau stattfinden, ist aber dennoch vorhanden. Bei 7 weiteren Grand Slams erreichte er 2 weitere Halbfinals und 3 mal das Viertelfinale.

Zu behaupten, dass 2009 ein schlechtes Jahr gewesen wäre für Djokovic, wäre vermessen. Jedoch kann man nicht leugnen, dass im Vergleich zu den starken Vorjahren ein leichter Abwärtstrend zu erkennen ist. Seine Bilanz bei den Grand Slam verschlechterte sich. In Melbourne schied er im Viertelfinale als Titelverteidiger gegen Roddick aus, in Wimbledon gegen Haas. Trotz einer sehr starken Sandplatzsaison, die aber wiedermal den Makel hatte, dass ihn Nadal wieder einmal immer wieder stoppte, schied in Paris er völlig überraschend schon in Runde 3 aus. Sein stärkstes Turnier waren zweifelsohne die US Open in New York, wo er sich erst in einem sehr engen Match gegen Roger Federer geschlagen geben musste. Diese Bilanz kann sich durchaus sehen lassen, aber man wird den Eindruck nicht los, dass dem Serben im Moment einfach der letzte Biss bei großen Turnieren fehlt.

Dazu kamen Entwicklungen seit seinem Erfolgen 2008, die nicht positiv waren. Der Aufschlag Djokovic wird immer mehr zu einer entscheidenden Schwäche des Serben. Vor allem ist der 2.Aufschlag zu unkonstant und angreifbar. Das belegt auch die Statistik. Djokovic hat dieses Jahr bereits 89 (!) Doppelfehler produziert, verglichen mit anderen Spielern ein sehr hoher Wert. Leichte Punkte gelingen ihm dagegen wenige durch seinen Aufschlag. Desweiteren passiert es öfter, dass Djokovic in entscheidenden Matches seine Balance verliert und er eine Vielzahl an Fehlern spielt. Der Serbe stand bespielsweise 2009 in 5 Master 1000 Finals, von denen er jedoch nur eines gewinnen konnte. Bei den Majorturnieren schaffte er es nur einmal unter die besten 4, was ihm in der Periode 07/08 noch 5 mal in Folge gelang. Und hier wären wir wieder bei seiner Serie, die ich bereits oben erwähnte. Auch hier zeigte sich seine fehlende Balance. Dass er dennoch 6 Matches in Folge gewann, und dabei den Titel in Dubai, spricht wiederum für ihn.

Nun kann man berechtigterweise fragen, ob die Erwartungen, aus denen diese kritische Sicht resultiert, nicht etwas hoch sind. Immerhin gewann der Serbe 5 Titel, und spielte ein sehr starkes Grand Slam Turnier in New York. Außerdem ist ein Viertelfinale bei dieser Turniekategorie auch keine Schande. Das mag alles stimmen, aber diese Betrachtung kommt nur zu Stande, weil es klar ist, dass Djokovic über sehr hohes Potential verfügt, was er Ende 07 bis Mitte 08 zeigte. Damit wäre es ihm durchaus möglich einmal die neue Nummer 1 in der Tenniswelt zu werden, nur kann er dieses Potential in letzter Zeit nicht vollständig ausnutzen. Es fehlt ihm der entscheidende letzte Tick. Wenn er diesen findet, sind in Zukunft weitere Grand Slam Titel möglich.

Bildquelle:
wikimedia.com

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