Freitag, 29. Juni 2012

Unfassbar

von flickr
Wimbledon 2012, 2. Runde:

Eigentlich hatte Wimbledon mit dem Aus von Tomas Berdych gegen Ernests Gulbis bereits seine erste große Überraschung. Aber während man mit diesem Resultat noch in entferntester Weise rechnen konnte, kam es beim letzten Match auf dem Center Court gestern zu einem Ergebnis, bei dem das Wort Sensation wie eine Übertreibung klingt. Lukas Rosol, der dieses Jahr zum ersten Mal das Hauptfeld von Wimbledon erreichte, und in der ersten Runde im Alter von 26 Jahren sein bisher 3 Match bei einem Grand Slam Turnier gewann, schockte die Tenniswelt und schlug Rafael Nadal in 5 Sätzen. Damit gelang dem Tschechen eine der größten Sensationen in den letzten Jahren.

Man muss sich nur die Ausgangslage in Errinnerung rufen. Nadal hatte zuvor 5 Grand Slam Finals in Folge erreicht und die Sandplatzsaison in beeindruckender Art und Weise dominiert, wobei er auch seine Negativserie gegen Novak Djokovic beendete. Rosol beendete das letzte Jahr mit seiner besten Platzierung, Rang 70, verlor diese aber im Laufe des Jahres wieder und hat bisher eine Bilanz von 11-13 2012. Ein großes Ausrufezeichen setzte er bisher auf ATP Ebene noch nie, zumindest bis heute. Denn gestern zeigte der Tscheche, was es heißt, wenn man das Match seines Lebens spielt.

Dabei gewann Nadal den ersten Satz noch knapp im Tiebreak. Zu diesem Zeitpunkt hätte keiner mit dem kommenden Spielverlauf gerechnet. Rosol zeigte jedoch eine bärenstarke Vorstellung bei eigenen Aufschlag. Sein sonstiger Matchplan war klar und einfach. Er ging volles Risiko und versuchte Nadal vor allem mit seiner Vorhand massiv unter Druck zu setzen. Und diese Marschroute ging voll auf. 1 Break jeweils in beiden folgenden Sätzen reichten so für eine 2-1 Satzführung. In Satz 4 schien dann jedoch alles wieder seinen normalen Lauf zu nehmen. Rosols Niveau verringerte sich und so konnte Nadal den Satz mit 6-2 gewinnen. Das Momentum schien nun klar auf Seiten des Spaniers.

Nun musste jedoch wegen Dunkelheit das Dach geschlossen werden, das Prozedere dauerte 43 Minuten. Dann ging es weiter, Rosol beschrieb selbst, dass es sich als er zurück auf dem Platz kam wie in Trance fühlte und so fing er auch an zu spielen. Er legte im Vergleich zu Satz 2 und 3 nochmal eine Schiebe drauf und war Nadal nicht zu breaken. Mit dem geschlossenen Dach klangen seine Schläge wie Kanonenkugeln, die auf dem Platz einschlugen. Fatalerweise verlor Nadal aber seinen eigenen Aufschlag und musste einem Break hinterher laufen. Rosol zeigte aber keinerlei Anzeichen von Nervenschwäche.

Schließlich stand es 5-4 und Rosol servierte zum Matchgewinn. Eine ungeheure Spannung lag in der Luft. Und was folgte waren 3 Asse und ein Vorhandwinner nach einem 2. Aufschlag. Nach dem letzem Ass sank Rosol zu Boden und konnte seinen Thriumph scheinbar selbst nicht fassen. Für Nadal war es das früheste Aus seit Wimbledon 2005 vor 7 Jahren und herbe Rückschlag im Kampf um die Nummer 1 nach seinen Titel in Paris. Rosol zeigte dagegen nach den Debatten um die Unangreifbarkeit von Nadal und Djokovic, dass im Tennis niemand unschlagbar ist und man mit genügend Mut und ohne Furcht an bestimmten Tagen jeden schlagen kann.

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